Karl Brammer (7. Januar 1887 - 29. März 1979)
Landwirt in Etzen (1914-1916 in Groß Süstedt);
verheiratet mit Frieda Brammer, geb. Meinecke (30. Januar 1891 - 10. Oktober 1960)
Wehrdienst 1908-1910 in Berlin,
3. Gardefüsilierregiment ("Maikäfer")
ab 2. August 1914 Soldat im Ersten Weltkrieg - Tagebucheintragungen
3 Söhne:
Karl (1915-1916), Heinz (4. Oktober 1916 - 20. Mai 1994), Helmut (25. April 1919 - 31. Oktober 2003)
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Dies ist das Haus, das Karl sich 1913 oder 1914 in Groß Süstedt/Krs. Uelzen gekauft hat. Nachdem Hermann am 1.8.1915 gefallen war, hat er den Hof wieder verkauft und ist 1916 wieder nach Etzen gezogen. Bei dem Umzug - im Winter mit Pferd und Wagen - ist der kleine Karl (“Kalli” oder “Lütt Kalli”) so krank geworden, dass er im März 1916 gestorben ist. (“Dat Tucheln mit Peerd un Wagen mitten in’n Winder hett hei nich afkünnt. Dor hett hei an doodgahn.”)
1989 waren Helmut sen., Heinz und ich da in Groß Süstedt, um das Haus zu suchen.
Eiin älterer Mann aus dem Dorf erzählte aber, es sei 3 oder 4 Jahre zuvor infolge Blitzschlags abgebrannt.
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Karl Brammer, etwa 1935
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Karls Stube war immer ein Ort für Debatten. Bis ins hohe Alter verfolgte er genau die politischen Geschehnisse, indem er aufmerksam Zeitung las und im Radio regelmäßig Nachrichten hörte. Dann hatte Ruhe zu herrschen: "Hör!", rief er - und es war Ruhe.
Hier sehen wir Werner Harms, Helmut, ?? (von hinten - weiß ich nicht), Dankwart Masing sen.
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Die "Landeszeitung für die Lüneburger Heide" schreibt im Januar 1977:
Altbauer Brammer 90
wh Amelinghausen/Etzen. Der Altbauer Karl-Heinrich-Christoph Brammer in Etzen feiert heute in körperlicher und geistiger Frische senen neunzigsten Geburtstag im Kreise seiner Angehörigen - und viele Freunde werden auch dabeisein. Der Jubilar erlebte so manche Eoche auf seinem Lebensweg.
Von Etzen aus besuchte er die Volksschule in Amelinghausen und wurde aucn in der dortigen Kirche konfirmiert. In den Winterhalbjahren 1903 und 1904 absolvierte er die Landwirtschaftsschule in Lüneburg. Keinem seiner Mitschüler ist ein so hohes Alter vergönnt. Als Freiwiliger trug er die Uniform vom Garde-Füsilier-Regiment in Berlin 1908-1910 (genannt Maikäfer-Regiment). Über den Eingängen der Maikäferkasernen stand nachstehendes geschrieben: "Es lebe hoch das Regiment, welches sich mit Stolz Maikäfer nennt!"
Die damaligen Garde-Regimenter unterschieden sich nur durch die Farbe der Schulterklappen. Die Maikäfer trugen gelbe und ein schwarzes Lackkoppel. Die zwei Jahre Militärzeit in Berlin ist heute noch für den Jubilar die schönste Zeit seines Lebens gewesen.
Nach der unvergeßlichen Militärzeit begann der "Ernst des Lebens". Durch eine Fremdlehre lernet er Land und Leute kennen. 1913 wurde geheiratet. Aus der Ehe mit seiner bereits verstorbenen Frau stehen ihm zwei tatkräftige Söhne zur Seite. In dem ersten Weltkrieg stand er seit dem 3. Tag der Mobilmachung als Soldat in einer bespannten Maschinengewehreinheit an der Front im Westen und Osten. 1915 ist sein Bruder Hermann gefallen.1916 (1914; h.b-w) wurde der Jubilar im Osten schwer verwundet und kam auf dem Lazarettweg nach Soltau.
Nach Beendigung des 1. Weltkrieges übernahm er den väterlichen Hof. Nach den Stürmen des Krieges erlebte er die Inflation und alle Höhen und Talfahrten des bäuerlichen Berufes. Mit seinem Sohn Heinz überstand er die technische Entwicklung bis in die heutige Zeit. Die Brammers waren stets fleißige und zielstrebige Bauern. Der Urgroßvater von dem heutigen Jubilar erhielt 1815 eine Tapferkeitsauszeichnung in der Schlacht bei Waterloo. Dieser Orden ist und bleibt ein Symbol der Familie Brammer.
Karl dient 1908-1910 in Berlin beim Gardefüsilierregiment ("Maikäfer")
Die Zeit in Berlin, als Karl 1908-1910 Gardefüsilier beim “Maikäfer-Regiment” war, also der kaiserlichen Garde angehörte, war seine schönste Zeit. Er kam aus dem kleinen Etzen mit nicht mal 100 Einwohnern ins riesengroße, pulsierende Berlin mit U-Bahn, Straßenbahn, Autos, vielen Kneipen (1/2 Liter Bier kostete damals 5 Pfennige, hat er mir erzählt).
Er hat Wache gestanden am Brandenburger Tor, an dem Durchgang, der nur dem Kaiser reserviert war, und an der Neuen Wache. Am 27. Januar, Kaisers Geburtstag, war Parade auf dem Schlossplatz.
Nach Weihnachten fing das Exerzieren dafür an - Stechschritt: Absätze 35cm über dem Pflaster. Kommando: “Daaas Gewehr übrrr!” (Der Akzent liegt auf dem "rrr") Kommando: “Präsentiert daaas Gewehrrr!” “Daaas Gewehr - app!” - und bei dem letzten Kommando hatten alle Kolben auf einmal aufs Pflaster zu schlagen, “der Kaiser will nur einen einzigen Knall hören”. Wenn’s nicht klappte, weiter.
Dies ist Karl in Fleisch und Blut übergegangen, denn an seinem 90. Geburtstag, am 7. Januar 1977 hat er mir das mit seinem Handstock vorgeführt. “Wenn Du das mal so eingeübt hast, so wie wir das mussten, dann vergisst Du das nie wieder.”
Über dem Kasernentor stand der Spruch: “Es lebe hoch das Regiment, welches sich mit Stolz Maikäfer nennt.”
Die "Maikäfer-Kaserne" lag in Berlin-Mitte an der Chausseestraße. Die Kaserne kennt wahrscheinlich die ganze Welt, auch wenn die wenigsten wissen, welche gemeint ist: “Vor der Kaserne, vor dem großen Tor ...” Angeblich diente Hans Leip 1915 in dieser Kaserne und hat in der Wachstube das Lied “Lili Marleen” geschrieben.
Das Foto unten zeigt das Regiment angetreten. Karl ist auch zu sehen, und zwar unter dem weißen Rechteck; man klicke mit der Maus in ds Bild unten, und es öffnet sich eine Ausschnittsvergrößerung.
Weiter unten sieht man die "Maikäfer" im Manöver, statt Uniform im Drillich.
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beim Manöver 1908 im Drillich |
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Unten ist ein Soldat des 3. Gardefüsilier-Regiments in "Paradeanzug" abgebildert. Das Bild stammt aus Helmuts Sammelalbum mit Zigarettenbildern von Waldorf-Astoria. |
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Karls Führungszeugnis nach Ableistung des Wehrdienstes in Berlin |
Nr. 19 der Truppenstammrolle für 1908 Führungszeugnis Der Garde Füsl. Karl Heinrich Christoph Brammer 3. Kompagnie Garde-Füsilier-Regiments (sic!) gedient und sich während der Dienstzeit sehr gut geführt. Strafen: b) Disziplinar-Bestrafungen mit strengem Arrest: ./. Berlin, den 26. September 1910 Karl Bendt, |
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Karl wurde schon 1914 in Galizien verwundet und kam ins Lazarett nach Eger ins österreichisch-ungarische Böhmen (heute Cheb in Tschechien). Sein Vetter/Cousin Hermann Rüther, Tischlermeister in Amelinghausen, schreibt ihm am 9. November 1914 einen Brief, in dem er Karl aus Etzen und Gr. Süstedt berichtet und aufführt, wer aus Etzen und den Nachbardörfern verwundet oder gefallen. Der Brief folgt unten, ich habe ihn aus der damals üblichen Sütterlin-Schrift übertragen. Dabei habe ich den Text unverändert übernommen, wie es sich gehört; übernommene Fehler sind gekennzeichnet durch ein eingeklammertes "sic" - das bedeutet, dass es genau so im Original steht. Ein Scan des Originals ist hier - bitte hier oder in den Briefkopf gleich hier unten klicken. |
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Herm. Rüther Lieber Karl! |
Verwundetenabzeichen in schwarz, ausgestellt am 24. Mai 1918 |
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Der 90. Geburtstag
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Körperlich und geistig rege: Karl Brammer an seinem 90. Geburtstag |
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Friedrich, Christa und ihr Opa |
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In der Stube mit W. Harms, Helmut Brammer, Siegfried Faltin, Willi Stegen (mit dem Rücken zur Kamera; Spitzname: "Gandhi") |
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??, Adolf Stegen, D. Masing und W. Harms |
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Der Posaunenchor bittet zum Blaskonzert - Wind und -10°C - nach etlichen Liedern: “Martha! Wit’t de denn gor nich aflaten?” (Martha! Wollen die denn gar nicht aufhören?) |
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Martha! ... |
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Helmut jun. und sein Opa |
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W. Harms verabschiedet sich. |